Tanz in den Mai
Und wieder die übliche Frage: was ist die richtige Zeit, um auf der Party aufzulaufen? Meinem Kumpel Frank musste ich dann doch klar machen, dass elf echt zu spät ist für einen Tanz in den Mai, einem Special Event in einem unserer Lieblings-Kneipenrestaurants, wo ja sonst nie Partys stattfinden. Meine Freundinnen Bea und Maja fanden halb zehn dann auch eine akzeptable Zeit.
Und dann die Outfit-Frage. Es war ja noch recht warm Montagabend, aber auch nicht soo warm, Garderobe gibt’s da keine und Fahrrad-tauglich muss es auch noch sein. Also auf jeden Fall die H+M-Jacke, die auch geklaut werden kann; 15 € im Schlussverkauf (nachdem mein guter Mantel Silvester gestohlen worden war, vielleicht wurde er auch verwechselt, jedenfalls war er weg). Dann meine coolsten shreddigen hüftigen Jeans, Vans und ein schwarzes enges Tank-Top, denn ich will ja endlich mal wieder tanzen. Auf House in den üblichen Clubs hab ich nicht so die Lust und diese Special Event Partys waren in der letzten Zeit eh immer die besten.
Daheim noch ein Gläschen Mumm, dann Maja und ihren Freund abgeholt und los. Draußen vor der Kneipe tummelte es sich, doch wir gingen gleich rein, um uns schon mal ein nettes Plätzchen nahe der Bar zu sichern, bevor sie gegen zehn den Außenbereich schließen würden. Bea brachte noch eine Freundin vom Lande mit und Frank lief auch mit zwei Kumpels, die ich nicht kannte, auf. Gutscheine und damit Mai-Bowle kaufen war angesagt.
Franks Kumpel Hendrik war anscheinend von mir wie auch von Bea gleich ziemlich angetan, wobei Bea und ich uns gefragt haben, wie das denn sein kann. Sie ist dunkelhaarig und groß, ich blond und klein. Je angeschickerter wir wurden desto anzüglicher wurde das Gespräch mit ihm. Nachdem ich mit ihm keine Probefahrt im Korb seines Postfahrrades machen wollte, widmete er sich dann doch mehr Bea, die ihn aber auch nicht erst nahm. Ich fragte Frank, ob Hendrik es denn so nötig habe.
Blickkontakt mit einem Typen an der Bar, der mit einem viel zu jungen Mädel da war. Er sicher Ende 40, sie gen Mitte 20, aber letztendlich knutschte er mit ihr, auch wenn er immer mal wieder Blicke zu mir rüber schmiss. Der Altersmix dort war echt passend, wir fühlten uns mit unseren Ende 30 bis fast 50 nicht zu alt. Die Musik war mitreißend, echt alte Party-Mucke, zwar teils 70er, was ich ja nicht so mag, aber egal. Wir brauchten gar nicht auf die improvisierte Tanzfläche gehen, der ganze Laden tanzte. So ausgelassen war ich schon lang nicht mehr, schwofte sogar mit Bea, und noch mehr Maibowle…
Maja und ihr Freund sind dann doch recht bald gegangen. Es war eh schon erstaunlich, dass er mitgekommen ist, Party ist üblicherweise nicht so seins. Da Hendrik weder bei mir noch Bea landen konnte, versuchte er es dann bei Beas Freundin vom Lande. Also wählerisch war der ja nun wirklich nicht. Frank war inzwischen gegangen, irgendwie war ihm schlecht, er hatte wohl das Essen vorher nicht vertragen. Bea war irgendwo Richtung Tanzfläche verschwunden.
Irgendwann lehnte ich ein wenig erschöpft an der Wand, neben mir ein Typ, bestimmt wieder zehn, zwölf Jahre jünger, aber smart, wenn auch ein wenig overdressed im Anzug. Er war noch mit Kollegen unterwegs gewesen und jetzt auf dem Heimweg, hatte vorher gar nicht mitgekriegt, dass hier Party sei. Er hatte sein Bier aus und noch reichlich Gutscheine, fragte ob ich was trinken will. Nur Wasser, ich hatte genug Alkohol. An der Theke standen sie in 3erReihen, also bot er mir ein Wasser bei sich zuhause, gleich ums Eck, an.
Kurze Überlegung, aber warum eigentlich nicht, egal wie es sich entwickelt, er war ein smarter Typ und Malte hatte sich ja auch nicht mehr gemeldet. One Night Stands sind ja nicht so meins, aber falls es dazu kommt, warum nicht auch mal, kann ja auch sein, dass es ausbaufähig ist, wie immer.
So ganz ums Eck war es dann doch nicht, wir liefen – mein Fahrrad schiebend – sicher fünf Minuten. Als wir in seine Wohnung sind, musste er im Flur erst einmal seinen Wäscheständer aus dem Weg räumen. Also war er auf das nicht allein Heimgehen auch nicht vorbereitet. Ganz hübsche Wohnung, auch recht ordentlich und sauber, wie ich feststellte, und somit kein Grund schnellstmöglich wieder zu verschwinden.
Wir sind dann auf den Balkon, ich habe mein Wasser bekommen und er hat sich noch ein Bier genehmigt. Smalltalk über die laue Frühlingsnacht, das Leben in Kreuzberg usw. Habe ihn gefragt, warum er einen Globus im Schlafzimmer hat (der Balkon geht vom Schlafzimmer ab), ob er viel reist. Nee, der Globus sei noch aus Schulzeiten. Hmpf??? Aber er hatte doch schon erzählt, dass er einen Job als Elektroingenieur hat.
Irgendwann lehnte er sich von hinten an mich, nahm mich in den Arm, drehte mich langsam um. Es war einfach angenehm und gegen den folgenden Kuss hatte ich gar nichts, auch wenn ich inzwischen wieder etwas nüchterner war. Der Balkon lag geschützt und die Nacht war noch verdammt warm, es machte gar nichts, Jacke und Tank-Top auf dem Balkon ausgezogen zu bekommen. Wir sind dann aber doch ins Schlafzimmer zurück, das Verlangen wuchs und Kondome hatte Jan in der Kommode griffbereit.
Ich bin ja immer ganz froh, wenn es beim Sex nicht ganz so hell ist – wobei, in der Sonne unter freiem Himmel hat schon was – ich kann zwar nicht unbedingt behaupten ich hätte Orangenhaut, aber das Bindegewebe, besonders im Bauch-Bereich (alle sagen, ich hätte gar keinen Bauch – Fremdwahrnehmung, ts) ist halt nicht mehr so dolle (genetisch bedingt oder so).
Es war kein wilder Sex, eher behutsam, da er sonst zu schnell kommen würde, wie er sagte. Ich war fix bei der Sache und so dauerte der Akt nicht lange, was so richtig angenehm war. Wir kuschelten uns danach aneinander, zu wach um zu schlafen, auch wenn es inzwischen fast drei Uhr war. Nach einer Weile wurde Frank wieder aktiv und wir hatten wieder feinen orgiastischen, wenn auch recht unspektakulären Sex, genau so wir mir in dem Moment danach war.
Ich fühlte mich wohl bei ihm und bin nahe bei ihm liegend eingeschlafen. Gegen halb fünf wurde ich wach, ging aufs Klo und war grad dabei, mich anzuziehen, als er wach wurde. „Wie, du willst doch jetzt nicht etwa gehen?“ sagte er, stand auf zog mich an sich und mir wieder meine Jeans und mein Höschen aus. Er hatte schon wieder einen Steifen, verdammt leistungsfähig, der Typ! Ich hatte auch gar nichts gegen ein weiteres Mal einzuwenden, ich war so angetörnt von ihm, dass ich wieder fast sofort gekommen bin.
Gegen acht wurde ich wach, Jan schlief noch. Ich hatte gestern schon gesehen, dass sein Reisepass neben dem Globus auf der Kommode lag. Inzwischen war es ja hell genug, dass ich da einfach mal rein schauen konnte. So ohne Lesebrille, die ich mit meinen 49 ja nun doch ab und an brauche, konnte ich zwar nicht alles so schnell mal eben entziffern, aber der Jahrgang ließ eindeutig auf 31 oder 21 schließen, verdammt! Schon wieder so ein junges Gemüse.
Dann huschte ich kurz zu seinem Schreibtisch, um eine von meinen privaten Visitenkarte drauf zu legen und danach ins Bad. Als ich mich danach anziehen wollte, wurde er wieder wach, schüttelte den Kopf und wunderte sich, warum ich mich denn so heimlich verkrümeln wollte. Ich konnte ihm nur sagen, dass ich los müsse, sei zum Frühstück verabredet (stimmte auch). Noch eine letzte Knutscherei, dann bin ich mit den Worten „das können wir gern mal wiederholen“ und seiner Antwort „na klar“ gegangen.
Frühmorgens kurz nach acht auf dem Fahrrad, die Temperatur war irgendwie für die dicke Jacke zu hoch und für ohne Jacke zu niedrig. Ich hatte so richtig gute Laune, frisch gevögelt halt. Auf meinem Handy eine Nachricht von Bea: „wo steckste meine süße, bist einfach ohne abschied gegangen, wer ist schuld?“, kicher, ich denke, sie hat von Jan gar nichts mitgekriegt.
Und ich hatte ja schon gedacht, dass er jünger ist, aber sooo jung. Egal, mein Part-Time-Lover, mit dem ich bis vor zwei Jahren zusammen war, ist nun auch in seinem Alter, und das lief drei Jahre.
Kaum zuhause, hab ich dann doch mal sicherheitshalber Jans Nachnamen (von der Wohnungsklingel) und seine Adresse notiert, vielleicht will ich ja doch mal die Initiative ergreifen, ihn wieder zu sehen, frau weiß ja nie.
lilliberlin am 04. Mai 12
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