Montag, 25. Juni 2012
Fußball ist doch ein Thema
(Fortsetzung zum Eintrag vom 7. Juni)

Mit Jan hatte sich das inzwischen gut eingespielt. Wir sehen uns ein- bis zweimal die Woche, abends nach meinem Sport, meist bei ihm. Der Ablauf ist immer derselbe, wir starten mit einer heftigen Knutscherei und landen dann schnell im Bett oder auf dem Sofa.

Üblicherweise verabreden wir uns kurzfristig über SMS. Freitag kam es dann anders, da rief mich Jan an, während ich noch im Büro war. Er fragte tatsächlich, ob ich am Abend mit ihm Deutschland – Griechenland schauen würde! Er wollte nicht alleine irgendwo hin gehen und seine beiden Kumpels, mit denen er üblicherweise schaut, waren übers Wochenende verreist.

Auch wenn ich nicht drauf stehe, war ich tatsächlich – wie zu den anderen Deutschland-Terminen auch, zum Fußball-Gucken verabredet. Bei einer Freundin (Jenny) war Grillen im Hof geplant, mit Bierbänken und -tischen, teils überdacht, mit Großbildleinwand, so mit 20 – 30 Leuten. Da konnte ich auch noch jemanden mitnehmen, wenn er ein paar Getränke mitbringt. Jan war ein wenig unsicher, aber erleichtert, als ich sagte, wir müssten da ja nicht ein Paar mimen. Meine besten Freundinnen würden zwar Bescheid wissen und auch ein wenig neugierig sein, aber das sollte ihn nicht stören. An unserem Status würde das nichts ändern.

Ich hatte nur Jenny Bescheid gesagt, wen ich mitbringe und erntete die erwarteten neugierigen Blicke meiner Freundinnen, als wir dort kurz nach Spielbeginn ankamen. Als ich ihn als meinen Kumpel Jan vorstellte, war dann aber alles klar. Ich setzte mich mit Jan zu meinem Freund Frank und Isabelle, die beide Bescheid wussten und keine falschen Fragen stellen würden. Jan hatte von den beiden auch schon gehört und fand es wohl auch nett, sie kennenzulernen.

Das Spiel interessierte mich wie üblich nicht besonders und so wechselte ich ab und zu meinen Platz, um mit ein paar Leuten, die ich kannte, zu quatschen. Nach dem Spiel grillten wir noch und so gegen Mitternacht begann sich das Ganze dann langsam aufzulösen. Jan verabschiedete sich mit einer Umarmung, wie das unter Kumpels so üblich ist, er wollte los, noch seine Bahn bekommen. Er machte nicht den Eindruck, als wolle er noch mit zu mir kommen.

Hey, man kann also doch mit dem Kerl, mit dem man eine Affäre hat, auch mal etwas unternehmen. Auch wenn es nur Fußball-Gucken ist! Immerhin haben wir Freunde von mir getroffen.

Ich blieb noch etwas länger, hatte nämlich schon ein paar Worte mit einem Typen gewechselt, den ich noch nicht kannte. Schöne braune Augen hat der!

Frank und Isabelle waren auch gegangen und so wechselte ich an den Tisch, zu dem Typen mit den braunen Augen. Hm, ich hatte noch nie einen Typen mit braunen Augen. Meine ich, aber vielleicht hab ich es inzwischen auch vergessen. Üblicherweise haben meine Männer jedenfalls grüne oder manchmal blaue Augen. Ich sprach ihn auf seinen noch auszumachenden leichten Dialekt an, der mir vorher schon aufgefallen war. Er kommt ursprünglich aus Jena, lebt aber schon über zehn Jahre in Berlin.

Leider kamen wir mit unserem Gespräch nicht besonders weit.

Meine Freundin Corinna tauchte auf, sie hatte irgendwo anders Fußball geguckt und kam nun mit einem jungen Typen mit Husky-Hundebaby im Hof an. Sie stürmte auf mich zu, umarmte mich und stellte Jonas und mich einander vor. Mit den Worten „du musst unbedingt bei Lilli sitzen, die mag Hunde echt gern“ dirigierte sie Jonas auf den Platz neben mir auf der Bank. Da sie sich auch noch dazu setzen wollte, musste ich etwas aufrutschen und saß so nicht mehr dem Braunäugigen gegenüber.

Corinna hatte anscheinend schon einige Bier, sie war wie immer dann hektisch und laut und machte das Hundebaby zum Thema. Es war irgendwie nicht mehr möglich, dass Gespräch mit dem Braunäugigen fortzusetzen. Kurz darauf kam auch seine kleine Tochter, die ins Bett wollte, so dass er sich nur mal eben mit einem Winke-Winke und „man sieht sich“ verabschiedete. Immerhin gab es noch einen doch etwas intensiveren Blick, dann war er weg.

Da saß ich nun und hatte plötzlich dieses süße Husky-Hundebaby auf meinem Schoß. Das war angenehm warm und kuschelig und das Gespräch mit Jonas lief auch ganz gut an. Er hatte Corinna vorhin gerade kennengelernt, als er nach dem Spiel mit dem Hund Gassi ging. Sie hatte ihn angesprochen, als sie zum Rauchen raus ging, der Husky war ja auch so süß. Verrückt und spontan wie sie nun mal ist, besonders wenn sie was getrunken hat, entschied sie sich etwas später, ihre Kumpels in der Kneipe sitzen zu lassen und rüber zu Jenny zu kommen. Husky und Herrchen überzeugte sie schnell sie zu begleiten.

Erst hatte ich ja gedacht, Corinna hätte Jonas für sich mitgebracht. Darüber hatte ich mich schon gewundert, wo Corinna doch gerade schwer verliebt ist. Aus ihrer dreimonatigen Affäre hatte sich doch tatsächlich eine Beziehung entwickelt, obwohl sie das gar nicht gewollt hatte. Ihr Freund ist allerdings gerade für zwei Wochen verreist.

Nein, Corinna hatte Jonas für mich mitgebracht, das flüsterte sie mir dann zwischendurch mal zu. Hm, Jonas war schon ganz süß und schien auch recht interessiert zu sein. Er meinte, es sei so ungewöhnlich, dass sein Husky einfach zu mir rüber gekrabbelt sei. Normalerweise bliebe er immer bei ihm, ich müsse schon etwas besonderes für ihn sein, dass er so zutraulich sei. Soso.

Irgendwann wollte er dann wissen, wie alt ich sei. Ich kam natürlich mit dem üblichen Spruch „Frauen über 28 fragt man nicht nach dem Alter“. Darauf zeterte er rum, ich könnte schon eine Antwort geben, es sei doch nur eine einfache Frage gewesen. Ich grinste ihn an und fragte, ob er mir denn sagen würde, wie alt er sei. Er druckste erst rum, dann kam „zwischen 20 und 30“. Ich musste lachen und sagte „wenn du das so sagst, dann bin ich zwischen 40 und 60 Jahre alt“.

„Jetzt verscheißer mich nicht“ sagte er darauf. Seufz, ist schon klar, ein Typ in den 20ern rechnet nicht mit einer 50-Jährigen. Obwohl ihm klar sein musste, dass er bei Gastgebern im Alter von Ende 30 sicher genau wie mit Jüngeren wie ihm, so auch mit Älteren rechnen könnte. Er nölte also weiter rum „wie alt bist du denn nun?“. Mein klares „fünfzig“ wollte er mir echt nicht abnehmen. Ich meinte nur „warum sollte ich das erfinden?“. Das gab ihm dann doch zu denken. Wir quatschten noch etwas weiter über das Hundebaby und Hunde allgemein, aber irgendwie war die Luft raus.

Kurz darauf wollte Corinna auch heim, das nutzte ich dann, um auch zu gehen. Es gab keinen Grund, mit Jonas Kontaktdaten auszutauschen.

Von Corinna durfte ich mir dann auf dem Heimweg anhören, warum ich die Chance denn nicht wahrgenommen hätte. Ich habe ihr dann erst einmal erklärt, dass sie mir die Chancen genommen hat, den Braunäugigen kennenzulernen. Welchen Braunäugigen? Na das war ja so klar, dass sie davon nichts mitbekommen hatte.