Dienstag, 12. Februar 2013
Rote Lippen soll man küssen
Düsseldorf ist schon anders als Berlin, aber Mona sagt, das sei nur im Karneval so.

Sonntag waren wir nachmittags eine Weile auf dem Straßenkarneval auf der Kö. Dort sah man die Leute in wärmeren Kostümen, wie z. B. Eisbären und auch andere pelzige Tiere. Ich hatte von Mona ein altertümliches Gewand bekommen, was mir natürlich zu groß war, so dass ich darunter Jeans und Fleece-Pulli anziehen konnte. Sie selbst war ähnlich angezogen.

Wir hatten Prosecco in Dosen mitgenommen und uns ein Plätzchen gesucht, wo Musik lief, so dass wir auch tanzen konnten. Trotzdem war es uns irgendwann zu kalt, dass wir erst einmal nachhause gegangen sind, um uns aufzuwärmen. Und so richtig spannend war es auch nicht gewesen, es fehlten die Flirtmöglichkeiten, waren zu viele Familien und auch Paare unterwegs.

Abends waren wir dann auf einer Party, die ein paar Bekannte von ihr organisiert hatten und die in einem Nebenraum einer Kneipe stattfand. Die Party war wohl über facebook promotet worden, so dass auch bestimmt 50 Leute da waren. Es war eine prima Stimmung, die Leute kannten sich aber wohl nur teilweise. Es lief auch nicht nur die typische Karnevalsmukke, sondern einfach gute alte Party-Musik. Trotzdem gab es auch mal eine Polonaise und man tanzte nicht für sich, sondern mehr miteinander. Ich hatte wieder mein Hippie-Outfit an und auch Mona hatte sich ähnlich gestylt.

Der Flirtfaktor war hoch und irgendwann kam mir der echt süße Schwarze, dem ich schon ein paar Blicke rüber geschmissen hatte, auf der Tanzfläche näher. Wir tanzten und himmelten uns an, bis Mona sich meldete. Wir hatten nämlich noch nichts gegessen und vorher schon besprochen, dass wir zwischendurch mal auf ein paar Pommes nach nebenan gehen. Ich verschwand also, ohne mich zu verabschieden.

Als wir zurück kamen holten wir uns erst einmal wieder zwei Prosecco. Yeah, auf dieser Party gab es nicht nur Altbier! Das führte allerdings dazu, dass wir immer angeschickerter wurden.

Wir stürzten uns wieder ins Gewühl auf der Tanzfläche. Es war auch nicht so voll wie in den Brauhäusern, wir konnten so richtig show-like tanzen und hatten so richtig Spaß dabei. Der Schwarze hatte mich anscheinend vermisst, kaum hatte er mich entdeckt, war er wieder neben mir.

Es machte Spaß mit ihm zu schwofen, der Körperkontakt nahm dabei immer mehr zu. Er fragte mich in gebrochenem Deutsch, ob er mich küssen dürfe. Ich grinste ihn an und so tat er es auch. So volle und weiche Lippen hatte ich noch nie geküsst.

Ich wollte nun nicht die ganze Zeit mit ihm knutschen und so gesellte ich mich wieder zu Mona. Ich war so richtig in Stimmung, mich beim Tanzen auszutoben. Der Schwarze war aber auch bald wieder da. Er nahm mich in den Arm, küsste mich und versuchte mir etwas zu erzählen, dass ich bei der Lautstärke kaum verstand und mir auch nicht zusammenreimen konnte, da er ja nicht so gut Deutsch sprach. Ich nahm ihn bei der Hand und zog ihn mit nach draußen vor die Tür.

Als erstes fragte ich, ob er Englisch sprechen würde. Nein, nur spanisch, er sei aus Kuba. Er war seit zwei Jahren in Deutschland und hatte noch nicht so einen umfangreichen Wortschatz. Aber immerhin bekam ich mit, dass er sich von seiner Freundin getrennt hätte – wenn ich das dann richtig verstanden habe. Was ich auf jeden Fall richtig verstanden hatte, war, dass er gerne die Nacht mit mir bei mir verbringen würde. Mein „Nein“ kam gemimt entrüstet mit einem breiten Lachen. Ich begründete es nicht, gab ihm noch einmal einen Kuss und ließ ihn dann stehen. Danach kam er auch nicht wieder an.

Nee, mal eben so eine Nacht mit einem Kubaner, no way! Das ist mir doch zu fremd, zu exotisch oder was auch immer! Ganz abgesehen davon, dass ich ja die Nacht wieder das Bett mit Mona teilen würde, bei der ich zu Besuch war. Außerdem hatte ich auch schon zu viel getrunken. Und One-Night-Stands sind eh nicht meins, eine Perspektive für mehr muss schon da sein. Seine Küsse waren eine interessante Erfahrung. Deutsche Männer haben deutlich festere Lippen.

Auch diese Erfahrung bestätigte nicht, was Mona gesagt hatte „Karneval gibt’s reichlich Bütze (aufgeschmatzte Küsse), schon Knutschen ist eher nicht üblich und mehr schon gar nicht.“

Die Party wurde noch richtig ausgelassen, das lag sicher auch bei uns an den weiteren Proseccos und bei den anderen an Altbier und Longdrinks. Ich flirtete noch mit einer süßen Frau, mit der ich dann auch über die Tanzfläche schwofte.

Dann doch mal ein Blick auf die Uhr, es war schon nach Mitternacht. Mona und ich wollten eigentlich gar nicht so lange bleiben, sie musste ja am nächsten Tag arbeiten und ich musste auch gegen acht los zum Flughafen. Also ein etwas überstürzter Aufbruch.

Auf dem Weg nach draußen lief ich noch einem Typen in die Arme, den ich auf der Party noch nicht gesehen hatte. Er smilte mich an, gab mir einen Kuss auf die Wange. „Du, ich muss gehen, aber ruf mich doch mal an.“ sagte ich zu ihm und kramte eine Visitenkarte aus meiner Handtasche, die ich immer für alle Fälle dabei habe. Ich gab ihm ein Bussi zurück und dann waren wir auch schon draußen.

Mona kicherte den ganzen Heimweg „Du bist echt unglaublich! Wenn die Berliner losgelassen werden, was?!“ Ich antwortete „Ja, Karneval hat schon was. Und ich denke, die Rheinländer sind sowieso nicht so cool und zurückhaltend wie die Berliner.“