Sonntag, 17. Februar 2013
Fetisch und facebook
Jonas hatte ja gedacht, er hätte mich auf facebook als Freund gelöscht. Daher hatte er mir auch eine neue Freundschaftsanfrage geschickt. Er guckte ganz entgeistert, als ich ihm gesagt hatte, dass ich ihn gelöscht hätte „Warum?“

„Ich mag es halt nicht, wenn alle Welt weiß, worauf mein Freund sexuell steht.“

Jonas guckte immer verwirrter „Wie meinst du das denn jetzt?“

Ich erklärte ihm, dass er ja wohl auf eine Fetisch-Webpage gewesen sein und diese geliked hätte. Das erscheint dann in seinem facebook-Profil und da er alle „gefällt mir“-Daten für die komplette Öffentlichkeit freigegeben hat, kann das auch jeder sehen.

Jonas sagte, nun lachend „Ich kann liken was ich will, muss doch niemand erst nehmen.“ Nachdem ich ihm gesagt habe, dass man das sogar findet, wenn man ihn googlet, war er nicht mehr so sehr am Lachen, sagte aber „Na und?! Das ist mir doch so egal, was andere über mich denken.“

Ich hatte ihm zu bedenken gegeben, dass ihn sicher so gut wie niemand auf seine (vielleicht auch nur angeblichen) sexuellen Neigungen ansprechen würde, aber ihren Teil denken würden sich viele. Er müsse davon ausgehen, dass neue geschäftliche Kontakte und sicher auch neue Dates ihn googlen würden. Nicht jeder sei da völlig aufgeschlossen und gerade neue Dates würde so ein öffentlich geposteter Fetisch-Like sicherlich abschrecken.

Doch dann hatte er sich anscheinend doch Gedanken darüber gemacht. Seine „gefällt mir“-Angaben sind immer noch öffentlich, aber die Fetisch-Page hat er rausgenommen.



Online-Dating - Jonas - das war's!
Donnerstag war Valentinstag. Spätabends, kurz vor Mitternacht, schrieb mir Jonas über whatsapp „Hallo Lilli, alles Liebe zum Val.-tag, Freitagabend hört sich gut an, wenn’s dir passt, komme ich um 19 Uhr vorbei, drück dich, Jonas.“ Ach, bekomme ich doch noch einen lieben Gruß, da hatte ich nicht so ganz mit gerechnet und kurz vor Mitternacht … naja. Und diese Abkürzung! Sein Terminvorschlag bestätigte allerdings mal wieder, dass Jonas mir nicht richtig zuhört oder sich mangels Interesse oder warum auch immer nichts merken kann. 19 Uhr war eigentlich zu früh, da wäre ich üblicherweise noch beim BodyCombat.

Ich hatte die Nachricht erst am Freitagmorgen gelesen, überlegte kurz, ob ich BodyCombat ausfallen lassen sollte, entschied mich dann aber dagegen. Ich wollte die Sache schnellstens hinter mich bringen und antwortete „Okay, mach das.“ Ein paar Stunden später schrieb ich dann noch „Kannste mir auch bitte meine Sachen mitbringen: DVDs, Yogamatte, Hausschuhe, Handyladekabel, Reiseführer, Waschtasche und was ich sonst noch ggf. bei dir habe. Bis heut Abend dann … Bussi. Lilli.“

Die Nachricht gab ihm wohl zu denken, eine Weile später antworte Jonas mir „… na das ist ja mal ne klare Ansage.“

Au weh, das musste ich etwas abschwächen. Ich wollte auf jeden Fall, dass er vorbei kommt. Ich schrieb also „Du hast geschrieben, dass Zweisamkeit dir nicht liegt! :( Bevor es hier evtl. weitere schriftliche Missverständnisse gibt, sonnten wir reden. Also heut Abend dann.“

Darauf erhielt ich keine Antwort, dachte mir aber, dass die Message wohl richtig angekommen war.
Wenn ich nicht noch so viel von meinem Zeugs bei Jonas gehabt hätte, hätte ich bei seinem Verhalten hinsichtlich Nicht-Melden und Ruhe-Habenwollen die Sache einfach im Sande verlaufen lassen. Meine Freundin Isabelle meinte, ich solle einfach auf mein Zeugs scheißen und es neu anschaffen. Das wäre sicher eine Alternative, aber mal eben so knapp 300 € ausgeben?! Außerdem ist die Wachtasche ein Unikat von bagbagbag.com, die ist nicht wieder zu beschaffen.

Freitagabend machte ich mich ausgehfein, ne skinny Jeans, ein figurbetonendes Volcom-Oberteil, darunter nen Push-up-BH, etwas Make-up … Es wurde sieben und kein Jonas klingelte. Hm. Doch dann kam eine whatsapp „es wird 10 Min. später“. Ich war erleichtert, er würde kommen!

Jonas kam mit einem großen Beutel, aus der meine Yoga-Matte raus schaute bei mir an. Yep, das hatte wohl funktioniert! Er lächelte, nahm mich in den Arm, wollte mich zur Begrüßung küssen. Ich drehte den Kopf zur Seite, so dass es nur ein Bussi auf die Wange wurde. Was stellte er sich vor, dass wir nach diesen fast zwei Wochen einfach so zur Tagesordnung übergehen?!

Ich bot Jonas Wein, Tee oder Wasser an. Er wollte einen Rotwein. Okay, der war mir auch recht, würde mich selbst auch etwas entspannen. Wir ließen uns mit unseren Weingläsern auf meinen Sitzsäcken nieder. Ich fragte erst einmal, wie es ihm ginge. „Gut“ sagte er, keine weiteren Ausführungen. Mich fragte er nicht … wie schon üblich. Ich erzählte diesmal auch nichts von mir aus.

Dann kam ich gleich zum Thema, fragte wie er das meinen würde, mit der Zweisamkeit, für die er nicht geschaffen sei. Ja, er wüsste auch nicht, es sei wohl immer der Fall, dass er sich zurückziehen würde, wenn es zu eng würde. Ähm, ich bin nun wirklich keine Frau, die klammert. Mir sind auch meine Freiräume total wichtig. Das Problem war meiner Ansicht nach eher nicht zu viel Nähe, sondern dass es langweilig war, wenn wir nichts Bestimmtes vor hatten. Jedenfalls war mir dann langweilig. Ich hätte natürlich auch Stunden mit ihm im Bett verbringen können, aber dazu war Jonas ja nicht in der Lage.

Vielleicht läge es eher daran, dass der Sex nicht funktioniert, dass er sich daher zurückziehen würde, sagte ich zu ihm. Er sagte, wir hätten da einfach unterschiedliche Ansprüche. Ich musste grinsen „Ja, ich mag es gern leidenschaftlich!“ Das war nun eine gute Möglichkeit, auf die Fetisch-Geschichte zu kommen.

Jonas fragte „Wie kommste denn jetzt darauf?“ Er hatte es wirklich noch nicht gemerkt, was er da getan hatte, als er anscheinend auf der Fetisch-Website war. Vielleicht wollte er die Seite als Lesezeichen markieren, wer weiß?! Also erklärte ich ihm nun doch mal, dass er eine Fetisch-Page auf facebook geliked hat.

Er lachte, anscheinend verlegen, sagte dann auf seine übliche generöse Art „Echt! Das war sicher ein Versehen, ich gehe doch nicht auf solche Pages. Und außerdem, wenn schon. Ich kann liken was ich will, muss doch niemand erst nehmen.“ Im Laufe des weiteren Gespräches, verstrickte er sich aber gut in Widersprüche, denn er wusste recht genau worum es auf der Page geht.

So richtig funktionierte das Gespräch über die sexuellen Probleme aber nicht. Eigentlich war es kein wirklicher Dialog. Ich sprach dann auch noch an, dass es vielleicht eine hormonelle Umstellung sein könnte, wenn es schon nicht daran läge, dass ihm vielleicht Gummi, Lack und Leder fehlen würde. Aber natürlich erhielt ich darauf keine Antwort. Jonas wirkte noch nicht einmal nachdenklich. Er war verschlossen wie immer. Er kann über so etwas einfach nicht reden.

„Na, du kannst ja mal etwas darüber lesen. Über die hormonellen Umstellungen, wenn ein Mann älter wird. Dass das nicht nur zu Erektionsproblemen führen kann sondern auch dazu, dass du dich mit deinem bisherigen Leben und mit dem, was du da so tust, nicht mehr wohlfühlst. Ich hatte mir extra „Der Feuerzeichen-Mann“ gekauft, damit ich dich besser verstehen kann und damit wir vielleicht eine Lösung für das Problem finden können.“ sagte ich zu ihm.

Er lachte und antwortete „Ich denke nicht, dass ich da rein schauen werde. Das ist sicher nicht notwendig.“ Ja genau, es gibt ja auch kein Problem! Hmph!

Das machte alles keinen Sinn, also wechselte ich nach einer guten Stunde das Thema. Fragte, was er so am die letzte Zeit gemacht hätte. Nichts, außer dem üblichen Sport. Ich schaute ihn an „Kann ja nicht sein, du warst ständig auf Finya.“

„Wie kommste denn da drauf?“ fragte er. Ich musste lachen, einfach zugeben ging nicht.
„Ich hab zwei Freundinnen, die sind auf Finya und die konnten das gut beobachten. Warum machst du das?“

„Ach, das hat doch nichts zu bedeuten, das ist einfach eine alte Routine. Das macht man halt so, wenn man sich abends an den Rechner setzt.“

Ach nee. Ich hatte keine Lust mehr, darüber vielleicht noch zu diskutieren, dass man diese „Routine“ eigentlich aufgeben sollte, wenn man eine Beziehung hat.

Ich hatte bald überhaupt keine Lust mehr auf dieses Gespräch mit ihm, also sagte ich ihm nach knapp zwei Stunden, dass ich ihn jetzt verabschieden müsse, ich sei noch verabredet.

Damit hatte er nicht gerechnet. Jonas stand sofort auf, um zu gehen. Ich brachte ihm seine Jacke und holte noch seinen Philadelphia-Käse aus dem Kühlschrank. Sein Nutella hatte ich schon mit dem „Feuerzeichen-Mann“ in eine Tüte gepackt. Ich packte eben noch meine Sachen aus seinem Beutel und packte seine Sachen hinein. Zwischenzeitlich hatte er doch noch einen Blick auf das Buch geworfen und es wieder zurück zum Nutella getan. Einen Kommentar zum Buch hatte er nicht abgegeben, aber immerhin hat er es mitgenommen.

Er verabschiedete sich schnell, diesmal nur mit nem Bussi. Ich sagte noch „Vielleicht können wir ja mal wieder was zusammen kochen, da sind wir doch ein gutes Team.“ Er guckte mich nur kurz ein, sagte „Vielleicht“, dann war er auch schon weg.

Das war’s dann also. Traurig bin ich nicht, fühle mich eher befreit!