Wenn Mädels Tanzen gehen
Ich war mir ja nicht sicher, ob Maja heute mit zum Zumba kommt, wo wir doch gestern heftig gefeiert hatten und erst gegen halb vier im Bett waren. Aber sie war – auch wenn es ein, zwei Stunden Schlaf zu wenig waren – pünktlich vorm Studio. Es war der erste Zumba-Kurs für sie und es hat ihr Spaß gemacht, auch wenn ihr Hüftschwung noch recht steif ausfiel. Später in der Sauna sagte sie zum mir „Wenn du so tanzt, wie im Zumba-Kurs, dann kannste dich das nächste Mal im Club vor Männern kaum retten. Aber was sage ich da, du kannst dich doch so schon vor Männern kaum retten.“ und grinste mich an. Ich musste auch grinsen und überlegte, ob sie das nun ernst gemeint hat oder wie sehr sie das erst gemeint hat. Ein bisschen Wahres ist da auf jeden Fall dran, vielleicht auch etwas mehr.
Maja und ich hatten uns zum Vorglühen mit Mumm und Aperol bei Corinna getroffen. Bei Corinna treffen ist immer prima, denn von dort kann man zum Club laufen und braucht kein Taxi. Andererseits hat ein vorbestelltes Taxi den Vorteil, dass man zeitig los kommt und nicht vorm Club anstehen muss.
Irgendwie hießen gestern alle Männer Ralf, Andreas, Michael und Thomas. Zwei davon lernten wir schon vorm Club in der Schlange kennen. Ralf und Andreas, beide Ende 30, ehemalige Studienkollegen, Andreas wohnt in Friedrichshain und, Ralf war aus Zürich und zu Besuch. Die beiden waren auch ein wenig angeschickert wie wir und unser Gespräch verlief recht Flirt-lastig.
Nachdem wir – wenn es auch gar nicht langweilig war – endlich drinnen waren, liefen wir gleich unseren Freundinnen Frances und Lucia über den Weg. Frances sah so gut aus gestern, sie trug die Haare offen, was fast wie eine 30er Jahre Wasserwellen-Frisur wirkte, und zu ihren nackten Schultern, die von ihrem Shirt mit amerikanischen Ausschnitt betont wurden, so richtig sexy wirkte. Später standen wir dann auf der Bank am Rand der Tanzfläche und ließen uns von der Musik mitreißen. Die Arme in die Luft und mit dem entsprechenden Zumba-Hüftschwung waren wir bestimmt ein sexy Anblick für die anwesenden Männer. Die Shirts ließen einen schmalen Streifen Haut zwischen den hüftigen Jeans und unseren Shirts frei, dass Ansätze von den Beckenknochen und unseren flachen Bäuchen sichtbar waren.
Mit meinem Lächeln und offensichtlichen Spaß an der Sache hatte ich schnell Blickkontakt zu einem Typen, der mit ein paar Leuten in der Nähe der Bar stand. Maja befand sich auch ganz in der Nähe, dass ich die Bank verließ und mich zu ihr gesellte. Unten nahm ich den Blickkontakt wieder auf, der Typ fragte seine Leute, was sie trinken wollten und dann auch mich. Er kam mit den Getränken und einem Aperol Sprizz für mich zurück und ich stieß erst einmal mit seinem Kumpel an und stellte mich vor. Dann stieß ich mit Thomas an, der mir dann auch seine Freundin vorstellte. Da war ich ja schon etwas perplex. Was sollte das denn, erst mit mir flirten und dann mir seine Freundin vorstellen?
So gesellte ich mich dann wieder zu Maja, die inzwischen mit Ralf und Andreas, die wir vor der Tür kennengelernt hatten tanzte und quatschte. Plötzlich tauchte ein Kerl auf, den ich irgendwie kannte, aber nicht einordnen konnte. Es war Thomas (55), den ich von Lucias Geburtstagsparty kannte. Er meinte, er sei der Typ, der nicht tanzen konnte. Das musste ich ihm natürlich wieder ausreden, denn er kann tanzen, oder besser gesagt schwofen und dabei richtig gut führen. Das nahmen wir nun wieder auf und unterhielten uns dabei.
Maja erzählte mir später im Taxi, dass Andreas und Ralf zu ihr meinten, sie müssten mich doch jetzt mal von dem Kerl befreien, der doch viel zu alt für mich sein. Maja hat den beiden dann erzählt, dass sie das falsch einschätzen würden, denn der Kerl sei ja gar nicht so viel älter wie ich. Nachdem Thomas mit den Worten „ich gehe jetzt nach Hause, denn sonst will ich dich mitnehmen, du bist so süß und sexy“ gegangen war, ging ich wieder rüber zu Maja und den beiden. Ralf quatschte mich gleich an „Maja hat gesagt, du bist 49, stimmt das“. Ich konnte nur antworten „ja sicher, warum sollte sie das erfinden?“, worauf er meinte „wow, das sieht man dir echt nicht an“.
Ralf war inzwischen in einem Gespräch mit einer recht faden Blonden, die ihn plötzlich auf den Mund küsste. Nur vorsichtig küsste, nicht knutschte. Maja und ich waren uns einig, dass das ja nun gar nicht geht, so dass ich die Initiative ergriff und mich an Ralf heran tanzte. Ein intensiver Blick in seine Augen und schon hatte ich seine Hände auf meine Hüften und konnte mich an ihn schmiegen. Bis zu einer heftigen Knutscherei verging keine Minute. Ralf fühlte sich gut an, wenn auch ein wenig zu dünn, aber beim Knutschen hat er doch noch einiges zu lernen. Als wir Atem holten, kam die Blonde an und sagte zu ihm „das ist jetzt nicht dein Ernst“. Ich musste mir nicht mehr anhören, ich hatte erreicht, was Maja und ich für nötig befunden hatten.
Lucia stand plötzlich neben mir und ich erzählte ihr lachend, dass ich der Blonden die Tour vermasselt hatte. Au weia, die Blonde ist eine Freundin oder zumindest Bekannte von Lucia. Das tat mir nun echt leid, hätte ich das gewusst, hätte ich mich nicht eingemischt. Lucia meinte, sie würde mir die Blonde jetzt vorstellen. Ich hatte ein kurzes Gespräch mit der Blonden, sagte es tue mir leid, aber dass sie den Typen vergessen könnte, wenn er sich so verhalten würde, außerdem hätten wir alle schon verdammt viel getrunken und seien nicht mehr so ganz zurechnungsfähig.
Die nächste halbe Stunde oder so, verbrachte ich tanzend und ab und an knutschend mit Ralf, bis ich dann wieder zu den Mädels zurück wollte. Ich lief mehr oder weniger direkt in die Arme von einem sehr nordisch aussehenden Typen, der auch irgendwie gleich auf’s Tanzen aus war, die Musik war auch gerade richtig mitreißend. Warum denn nicht mit ihm tanzen, ich hatte gute Laune und die Mädels erwarteten mich nicht. Er hieß Andreas oder Michael, ich habe es inzwischen vergessen. Dann hatte er Durst und wollte für uns etwas zu trinken holen, für mich mal ein Wasser. Wir standen dann da mit unseren Drinks und er machte mir klar, dass er nicht aus Norddeutschland sondern gebürtiger Berlin sei. Plötzlich tauchten Ralf und Andreas mit einem weiteren Typen auf.
Das war der Typ, dessen Lächeln mir schon aufgefallen war, als wir in den Club reingekommen sind und mit dem ich einen intensiven Blick getauscht hatte. Maja hing sich gleich an ihn, sie hat es ja manchmal drauf, jemanden in Grund und Boden zu reden, wie Andreas sich zwischenzeitlich irgendwann über sie geäußert hatte. Ralf belegte mich wieder in Beschlag und der nordische Typ ließ uns stehen, ich denke, er war sauer.
Für uns Mädels weitere Aperol Sprizz, die Männer tranken wohl Gin-Tonic oder so, und wir fünf amüsierten uns prima. Irgendwann waren alle verschwunden bis auf Andreas, Ralfs Freund. Die Männer hatten schon heftig getrunken, waren aber nicht unangenehm betrunken, sondern einfach nur locker und lustig. Andreas nutzte die Gelegenheit, mir näher zu kommen, schmiegte sich beim Tanzen heftig an mich. Ich muss ja sagen, unangenehm war mir das keineswegs, er fühlte sich richtig gut an, ein schlanker sehniger Typ mit einem knackigen Po. Die Musik wurde hip-hoppiger und wir wurden immer ausgelassener.
Dann wollte Andreas mich küssen. Hey, das ging nun gar nicht, das sagte ich ihm auch, ich hätte ja vorhin mit seinem Freund geknutscht. Irgendwie schien ihm das nichts auszumachen, er ließ zwar davon ab, mich knutschen zu wollen, aber schmiegte sich an mich und hauchte mir ein paar Küsse auf den Hals. Ich ging auf Abstand und sagte ich wolle schauen, wo Maja ist. So klar war er dann doch noch, dass er zu mir meinte „das ist doch jetzt eine Vermeidungsstrategie“. Ich antwortete nicht, machte mich los von ihm und auf die Suche nach Maja. Wir hatten ja vor einer Weile schon besprochen, dass wir bald gehen wollen und Maja hatte inzwischen auch ersichtlich (zu) viel Alkohol intus, sie hatte sich zwischenzeitlich auch noch bei den Gin-Tonics der Jungs bedient.
Maja war nicht aufzufinden, so dass ich mich auf den Weg zur Garderobe machte. Unterwegs traf ich Thomas, der mit dem ich vorhin geflirtet hatte, der mit seiner Freundin da war. Er sprach mich an „ach, da biste ja wieder“, ich antwortete nur, dass ich nach meiner Freundin suchen würde und ließ ihn stehen. Ich hätte zwar gerne gewusst, warum er flirtet, mich zu einem Drink einlädt und mir dann seine Freundin vorstellt, aber das war jetzt nicht wichtig.
Der Garderoben-Typ sagte mir, Maja hätte vor ein paar Minuten ihren Mantel abgeholt und sei gegangen. Erstaunlich, der Typ hat sich daran erinnert, dass wir gemeinsam gekommen sind, obwohl der Club doch gut gefüllt war. Ich war ratlos, würde Maja einfach ohne mich gehen? Wir wollten uns doch zurück das Taxi teilen. Ich versuchte, sie auf dem Handy zu erreichen, war aber erfolglos. Also ging ich zurück in den Club. Ich war erleichtert, Maja stand dort im Mantel mit Andreas und Ralf und stellte mir Michael vor. Michael war der Typ mit dem netten Lächeln, er ist aus Leipzig und war dies Wochenende für ein Seminar in Berlin. Es war laut und wenn man reden wollte, musste man schon sehr nah beieinander stehen. Michael legte den Arm um meine Taille und meinte zu mir, ich würde mich so gut anfühlen, dabei sah er mir in die Augen.
Oh Mann, vielleicht sollte ich mich gleich entscheiden, wenn ich ausgehe, wen ich näher kennenlernen will und nicht so ein Chaos verursachen. Ich bin ja nicht darauf aus, einen neuen festen Freund zu finden, aber in den kalten Wintertagen einen Typen zu haben, mit dem man es sich ab und zu kuschelig machen kann, wäre schon fein.
Ich wendete mich Maja zu, deutete ihr an, dass wir jetzt gehen sollten. Sie stimmte zu, wir verabschiedeten uns mit mehr oder weniger heftigen Umarmungen von Ralf und Andreas, dann von Michael. Ich hatte schon einen (geschäftliche) Visitenkarte mit meiner Handynummer aus meiner Tasche genommen und drückte sich nach einer innigen Umarmung Michael mit den Worten „wenn du meinst, dass ich mich nicht zu sehr daneben benommen hab, heut Nacht, dann würde ich dich gerne wiedersehen“ in die Hand. Er lächelte mich an und sagte „gerne“. Michael hatte ja irgendwann an dem Abend Ralf und Andreas kennengelernt und sicher auch einiges beobachtet, deshalb fand ich meine Bemerkung angemessen.
Maja erzählte mir im Taxi, dass Michael, der auch so um die 40 sein müsste, sicherlich verheiratet sei, er würde einen Ehering tragen. Ich musste lachen, mir fällt so etwas ja nie auf.