Let's talk in English
Sonntagnachmittag traf ich im Foyer meines – im Wesentlichen von Sprachschülern belegten – Hotels auf Malta einen Mann, der gerade versuchte, sich mit seinem Macbook in das WiFi einzuloggen. Er schien am Verzweifeln und so sprach ich ihn an, erklärte, dass es nicht an seinem Mac liegt, dass er Probleme hat, sondern, dass es bei den vielen Nutzern hier oft eine Weile dauert, bis man einen Zugang bekommt. Nach einer Weile bestätigte er dann, dass er online sei.
Nachdem ich mich noch ein wenig mit E-Mails und facebook beschäftigt hatte, schloss ich mein Netbook und sprach ihn noch einmal an. Ich hielt ihn natürlich auch für einen Sprachschüler und fragte, wo er denn herkommen würde. Aus Südafrika, ich war etwas verwundert und fragte, was er denn dann hier mache. Er war geschäftlich hier.
Ich hatte außer ein paar deutschen und koreanischen Mädels im fast-noch-Teenie-Alter noch keine weiteren Sprachschüler kennengelernt. Irgendwie schienen sich die älteren in den anderen Hotels eingemietet zu haben. Da ich den Abend ungern alleine verbringen und außerdem die Gelegenheit nutzen wollte, mich mit einem Muttersprachler zu unterhalten, sprach ich ihn auf seine Pläne für abends an. Er hatte noch nichts vor, Lust auf ein Bier und wolle natürlich auch etwas essen. Ich schlug vor, dass wir das gemeinsam tun könnten, da ich mich in der Umgebung schon etwas auskennen würde. Ich war vor zwei Jahren schon einmal auf Malta gewesen. Er strahlte mich an, sagte das sei eine gute Idee und so verabredeten wir uns für später.
Am Nachmittag hatte ich ein buntes Halterneck-Top, meinen weit schwingenden Jeans-Minirock und Flip-Flops angehabt. Für den Abend wollte ich es jetzt nicht übertreiben, zog also den bunten Desigual-Rock und ein schwarzes Top mit Wasserfall-Ausschnitt an, dazu auch wieder Flip-Flops. Die Flip-Flops einerseits weil wir auch ein wenig durch die Gegend laufen würden und das in den Sandalen mit Pfennigabsatz zu anstrengend werden würde und andererseits weil ich mich nicht so wirklich wie für ein Date zurechtmachen wollte.
Phil trug Jeans mit ordentlichen Lederschuhen, dazu ein gestreiftes Hemd über der Hose. Das sah gut aus. Er ist weißer Südafrikaner sieht sowieso recht attraktiv aus, er ist schlank, vielleicht 185 cm groß, hat dunkle kurze Haare und ist 40 Jahre alt. Dass er 40 ist, erfuhr ich später im Gespräch, als er die Frage nach dem Alter seiner Kinder missverstanden hatte. Die Kids leben bei ihm, sind 13 und 15, und er ist geschieden, erzählte er mir dann auch noch gleich bei der Gelegenheit.
Wir gingen erst auf einen Drink (er Bier, ich Wein) in ein Café nahe Yachthafen. Als ich ihm gegenübersaß konnte ich feststellen, dass er eine feste Zahnspange mit Brackets trug. Oh, also kein Typ zum Küssen. Daran hatte ich auch eh nicht wirklich gedacht, da ich ihn auf Anhieb für mich nicht so wirklich anziehend fand. Ich hielt es einfach für eine gute Idee, einen unterhaltsamen Abend auf Englisch zu verbringen.
Die Idee war wirklich gut! Phil ist nämlich Autor, im Wesentlichen für Fachbücher im Bereich Psychologie. Er ist da irgendwie spezialisiert, aber worauf konnte ich mir nicht merken, das ging auch zu sehr ins Fachenglisch. Er ist häufiger für Vorträge in Europa und nun dabei, sich ein Haus auf Malta zu kaufen. Da hatten wir richtig viel zu erzählen, da wir beide mit der Gegend oder dem Land, wo wir leben, nicht zufrieden sind.
Er meinte, dass mein Englisch doch gar nicht so schlecht sei. Die beste Möglichkeit mein Englisch zu verbessern wäre doch für mich, mir einen englischsprachigen Boyfriend zuzulegen. Aha! Ich lachte nur und ging auf das Thema nicht weiter ein.
Dass Phil die Getränke bezahlte war klar, dass er später im Restaurant die komplette Rechnung übernahm, nicht so. Immerhin hatte ich vorgeschlagen, dass wir zusammen zum Essen gehen. Wir hatten uns eine Flasche Wein und Wasser geteilt und hatten frischen Fisch gewählt. Das Restaurant hatte ich am Vortag entdeckt, es schien mir, als würden dort auch Einheimische Essen gehen. Serafino ist stilvoll und modern, dabei immer noch in moderater Preislage. Da es für mich kein Date war, schlug ich ihm vor, die Rechnung zu teilen, doch er lehnte ab. Südafrikaner verdienen ja üblicherweise weniger als Deutsche, aber er ist ja anscheinend richtig erfolgreich mit seinen Büchern und Vorträgen, dass er sich sogar ein Haus auf Malta kaufen kann. Dann muss ich mich sicher nicht sorgen, dass er nicht genug Geld hat, mich einzuladen.
Es war sehr angenehm, mit Phil zu Essen. Der ließ sich nämlich richtig Zeit beim Essen – wahrscheinlich auch wegen seiner Brackets. So konnten wir uns gut und lange unterhalten. Wir haben viel über das Leben in unterschiedlichen Ländern und auch über unsere Hobbys gesprochen. Er erzählte, dass er Gitarre spielt und auch schon eine CD aufgenommen hat. Die Musik wollte er mir später dann gerne von seinem I-Pod vorspielen.
Wir gingen also nach dem Essen zurück ins Hotel. Da ich nicht wie er nur ein Hotelzimmer sondern ein Apartment hatte, kam er zu mir. Er brachte noch eine Flasche warmen Sekt mit, den er geschenkt bekommen hatte und nicht mit nachhause nehmen wollte. Er flog am nächsten Tag zurück. Den warmen Sekt konnten wir ja nicht trinken, so bot ich Rosé, den ich im Kühlschrank hatte, oder Fencheltee an. Er sagte, er wolle sich ja nicht betrinken (was sich auf Englisch schöner anhört) und wählte den Fencheltee, den er nicht kannte.
Sein I-Pod mochte leider nicht mit meinem Netbook kommunizieren, so hörten wir dann nur ein wenig von meiner gespeicherten Musik. Nachdem wir unseren Tee ausgetrunken hatten, verabschiedete sich Phil mit einer Umarmung. Er sagte, er würde schon gerne die Nacht mit mir verbringen, doch er merke schon, dass das nichts für mich sei. Ich musste lächeln. Da kam dann der Psychologe bei ihm durch. Wenn er in Kürze nach Malta ziehen würde, könne ich ihn gerne besuchen und er fände es toll, mit mir weiter in Verbindung zu bleiben.
Klar, möchte ich auch mit Phil in Verbindung bleiben, der Typ kann mir vielleicht wirklich weiter helfen, speziell was das Schreiben angeht. Ich gab ihm meine (geschäftliche) Visitenkarte. Er hatte leider keine dabei, aber er sagte, er würde mir mailen.
Dann schenkte er mir noch eine hübsche Blechdose mit einem kleinen metallenen Tiger an einem Lederband. Eins der big five aus Südafrika. Sollte das ein Zeichen sein? Ich lesenämlich gerade „The Big Five for Live“.
lilliberlin am 30. Mai 12
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