Angst vor dem 30. Geburtstag
Erica ist zwanzig Jahre älter als ich und ihr Buch startet am Tag vor dem 50. Geburtstag. Sie hat gar keine Lust, diesen Geburtstag groß zu feiern.
Mein 20. Geburtstag war prima, noch besser der 18., da gab es wirklich etwas, worauf ich mich freuen konnte. Endlich durfte ich Auto fahren, in jede Disco rein und wie ich dachte selbst entscheiden. Letzteres war dann doch nicht immer möglich, denn meine Eltern hatten ein neues Druckmittel gefunden, mir ihre Entscheidungen aufzudrücken. Ich habe dann eben Mamas Auto nicht bekommen, wenn ich mich nicht so verhalten habe, wie es meine Eltern wollten. Ein paar Monate nach meinem 19. Geburtstag, zum Ende der Ausbildung, bin ich dann bei meinen Eltern ausgezogen und war dann auch finanziell unabhängig von ihnen, da konnte ich dann wirklich selbst entscheiden - abgesehen von den gesellschaftlichen Zwängen, aber zu denen später dann mal.
Den 30. Geburtstag wollte ich gar nicht erleben. Ich hatten den Eindruck nun der Welt beweisen zu müssen, dass ich erwachsen war. Erwachsen im Sinne von etabliert und seriös. Ich war total schlecht drauf an meinem Geburtstag… und dann hatte mein Mann ihn auch noch vergessen, also keine Gratulation, kein Geschenk. Es war ihm dann natürlich unangenehm, als später meine Eltern und Freunde angerufen haben. Den 30. Geburtstag hatte ich dann aber schnell vergessen und habe so weiter gelebt, wie bisher. Kein Gedanke an Familiengründung oder ein typisches Eheleben. Wir hatten ja eh nur geheiratet, weil wir meine Steuererstattung für unsere Geschäftsgründung brauchten. Wir waren verliebt und ein prima Team, unser "Baby" wuchs und gedieh prächtig, Ringe trugen wir nicht und den Hochzeitstag konnte ich mir nie merken.
Der 40. Geburtstag war mir eigentlich egal, ich habe ihn gefeiert wie jeden anderen auch. Aber meinem Freund war es nicht egal, dass ich plötzlich nicht mehr in den 30ern war. Er war gerade erst 34 und hatte mich dann gebeten, doch zu sagen, ich sei 35, wenn wir neue Leute kennenlernten. Ich meine, ich wäre auch mit 30 durchgekommen, so vom Aussehen, war eher stolz darauf jung auszusehen und entsprechend reif (kicher, na wie man's nimmt) zu sein. Das hat mich dann schon getroffen, dass ich mich nun jünger machen sollte. Ich dachte, er hatte kein Problem mit dem Altersunterschied sondern war eher stolz auf mich.
Seit dem ich ungefähr 40 bin, vermeide ich es, irgendwo mein Alter anzugeben. Auf Xing ist das absolut klar, ich will mich ja nicht um Job-Chancen bringen, auf Xing fehlen auch die 1. elf Jahre in meinem Lebenslauf. Ja und sonst, besonders wenn ich in der Freizeit und beim Sport oft mit Menschen in den 20ern zusammen bin, da mach ich mich manchmal zehn Jahre jünger, wenn ich gefragt werde. Denn für Menschen in den 20ern ist jemand über 40 so etwas von jenseits der Vorstellungskraft, die kommen gar nicht darauf, dass jemand in dem Altern noch denselben Funsport betreibt. Also erspar ich mir ungläubige Blicke und Diskussionen.
Generell ist es aber doch in unserer Gesellschaft schon so, dass eine Frau ab 40 schon für alt gehalten wird, und ab 50 dann erst recht! Ich weiß nicht, soll ich zu meinem Alter dann stehen und eher darum kämpfen, dass Frauen in dem Alter anerkannt werden, egal was sie tun? Oder gelte ich dann als die verrückte Alte? Oder will ich einfach meine Ruhe haben und mich vor Altersangaben drücken?
lilliberlin am 01. Januar 12
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