Mein heimlicher Jugendschwarm - 4. Teil
(Fortsetzung zum Eintrag vom 26. Mai)
Ich war schon etwas aufgeregt. Gleich würde ich Carlo wiedersehen, das erste Mal nach 34 Jahren. Was eine lange Zeit! Sein Porträt auf xing wirkte sehr gediegen, na ja, Außendienstler mit viel Kundenkontakt eben. Ich hatte überlegt, ein Kleid anzuziehen, mich dann aber doch für die neuen recht engen Mavi-Jeans und ein schwarzes schlichtes Vive-Maria-Langarmshirt entschieden.
Das kleine Hotel in der Winterfeldtstraße hatte ich ihm empfohlen und da holte ich ihn gestern Abend ab. Also erkannt hätte ich ihn auch nach dem xing-Foto nicht, wenn ich ihn irgendwo auf der Straße getroffen hätte. Er sieht schon deutlich fescher aus, als auf dem Foto. Sportlich-schlank ist er, und groß, bestimmt 1,90, das hatte ich nun echt nicht mehr in Erinnerung. Dunkle kurze Haare, noch kein grau zu sehen und dazu ein klassisches Freizeitoutfit mit Jeans und gemustertem Hemd, dazu allerdings die üblichen dunklen Business-Schuhe.
Ein Lächeln zog über sein Gesicht, als er mich sah. Wir begrüßten uns artig per Handschlag und liefen dann zum Muntagnola, meinem Lieblings-Italiener. Der übliche Small-Talk als Start: wie ist das Hotelzimmer? wie war der Arbeitstag heute? etc. Wir wollten beide Rotwein und Pizza, das passte schon mal gut.
Nachdem wir bestellt hatten erzählten wir gegenseitig über unser Leben. Fingen natürlich mit der Zeit nach der Schule an, blieben aber nicht in der Chronologie. Und zwischenzeitlich natürlich das Übliche aus der Schulzeit „weißte noch, wie Herr H…“ etc. Carlo konnte sich da aber an mehr erinnern als ich mich.
Nicht zur Sprache kam, wie unser Verhältnis damals zueinander war. Ich denke, darüber hätten wir gut lachen können. Ich hatte aber auch keine Lust das Thema anzusprechen, da bei unserem Treffen das Prickeln / die Spannung fehlte, die ich eigentlich erwartet hätte. Na ja, Carlo fällt halt nicht in mein Beutechema, er wirkt einfach zu erwachsen. Eben wie Fünfzig. Er ist verheiratet, keine Ahnung ob glücklich, und hat zwei fast erwachsene Kids. Er macht seinen Job und dann so die Sachen, die man mit Familie auf dem Land eben so macht. So gar nicht der Mann für eine Großstadtpflanze wie mich.
An seinem Job findet er allerdings gut, dass er immer ein paar Tage die Woche unterwegs ist. Hm, vielleicht lässt es sich so eher mit Frau und Familie aushalten. Von Berlin kannte er nur so die üblichen touristischen Highlights, auch was Ausgehen angeht, gähn! In Schöneberg war er noch nie gewesen.
Also, der Abend war nicht langweilig, wir hatten ja viel zu erzählen und kamen dann auch auf Malta zu sprechen. Wie ich Carlo jetzt kennengelernt hatte, war mir auch klar, dass er nicht die ultimativen Insider-Tipps geben konnte. Er lebt eben eher ein 08/15 Leben. Was ja nicht heißen muss, dass man damit unglücklicher ist.
Nach dem Essen gingen wir noch auf einen Cocktail ins Mister Hu. Carlo war beeindruckt, er kannte anscheinend nur eher klassische Cocktailbars. Dann schleppte ich ihn noch auf einen Absacker ins M, wo mich die Barkeeperin wie immer mit ein paar netten Worten begrüßte. Ich denke, dem werde ich demnächst erklären dürfen, wen ich da bei mir hatte, smile.
Carlo war also kein Typ zum Mit-nachhause-nehmen, ich lieferte ihn also an seinem Hotel ab. Wir verabschiedeten uns mit Bussi-Bussi. Es gab auch von seiner Seite kein Zögern oder irgendwelche Ansätze, mich in den Arm zu nehmen.
lilliberlin am 14. Juni 12
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Mein heimlicher Jugendschwarm - 3. Teil
(Fortsetzung zum Eintrag vom 24. Mai)
Freitagnachmittag hatte ich noch eine sehr ausführliche Mail von Carlo zu sehenswerten Orten auf Malta bekommen. Da stand leider auch fast nicht mehr drin als im Reiseführer. Allenfalls noch ein paar Restaurant-Empfehlungen. Na ja, das hatte ich mir anders vorgestellt. Wenn er schon ständig da ist, dann erwarte ich echte Insider-Tipps. Da muss ich dann wohl selber schauen.
Außerdem schrieb er auch noch, dass er sich darauf freuen würde, mich im Juni endlich wieder zu treffen. Aha, endlich. Ich wüsste ja zu gerne, was seine Erinnerungen an die Schulzeit sind. War ich auch sein heimlicher Schwarm? Und warum meldet er sich gerade jetzt, ist ihm langweilig in seinem gediegenen Familienleben? Bei unserem Telefonat hatte er auch nachdem er von seiner Familie erzählt hatte, gefragt wie es bei mir aussieht.
Nachdem er sich gemeldet hatte, hatte ich natürlich Manuela angerufen. Sie war auch ganz erstaunt, dass sich Carlo bei mir gemeldet hatte. Sie hatte ihm nicht viel erzählt, nur dass ich vor einigen Jahren aus beruflichen Gründen nach Berlin gezogen bin.
lilliberlin am 26. Mai 12
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Mein heimlicher Jugendschwarm - 2. Teil
(Fortsetzung zum Eintrag vom 22. Mai)
Heute Mittag hat Carlo wieder angerufen. Ich hatte nicht so viel Zeit, da ich nächste Woche Urlaub und vorher noch viel zu erledigen habe. Das sagte ich ihm auch gleich. Dann wollte er natürlich wissen, was ich machen würde. Beim Reiseziel Malta flippte er fast aus. Er sei fast jedes Jahr zwei Wochen dort, da ein Freund von ihm dort ein Haus hat. Er wollte mir natürlich auch gleich Tipps geben, doch dafür hatte ich keine Zeit. Ich bat ihn, mir heute oder morgen noch zu mailen, was ich unbedingt dort sehen oder tun sollte und gab ihm meine E-Mail-Adresse.
Wenn ich aus dem Urlaub zurück bin, wird er dann auch bald wieder seine Berlin- und Brandenburg-Termine habe. Üblicherweise übernachtet er dort dann auch, er könnte sich bei mir in der Nähe ein Hotel suchen, dass wir abends zusammen Essengehen könnten. Ich fand das sei eine gute Idee und versprach ihm, mich zu erkundigen. Wir könnten ja dann nach meinem Urlaub einen Termin ausmachen.
Als wir aufgelegt hatten, musste ich erst einmal lachen.
lilliberlin am 24. Mai 12
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Mein heimlicher Jugendschwarm
Heute Mittag klingelte mein Telefon im Büro. Das klingelt üblicherweise häufiger, besonders wenn ich die Zentralnummer auf meinen Apparat gelegt habe. Ich meldete mich wie bei uns üblich mit unserem Firmennamen und meinem Vor- und Zunamen. Der Anrufer hatte anscheinend nicht richtig zugehört. Er sagte seinen Nachnamen und dass er Frau Lauenau sprechen möchte. Den Nachnamen kannte ich, aber ich konnte mir nicht vorstellen, dass Carlo mich da anruft.
Er war es tatsächlich! Mein alter Klassenkamerad, den ich nach dem Realschulabschluss nie wieder gesehen hatte. Ich war zwar auf dem zehn- und fünfundzwanzigjährigen Klassentreffen gewesen, doch Carlo hatte sich da nicht sehen lassen. Er wohnte zwar immer noch in der Gegend, im Gegensatz zu mir, die mit neunzehn nach Berlin gegangen war. Das wusste ich, da meine Freundin Manuela mit Ende zwanzig mal eine Weile mit ihm zusammengearbeitet hatte.
Warum ruft der mich jetzt an? Nach fast 34 Jahren?
Carlo war mein heimlicher Schwarm gewesen. Er kam erst in der neunten zu uns, da er mit seinen Eltern in ein Dorf in der Gegend gezogen war. Carlo war ganz normal deutscher Abstammung. Was sich seine Eltern wohl bei der Namenswahl gedacht hatten? Er war echt der süßeste Junge der ganzen Klasse. Außer dass er dunkle Haare hatte, vielleicht 15 – 20 cm größer war als ich und – im Gegensatz zu mir damals – ein super Sportler war, kann ich mich an nichts erinnern. Klassenfotos gibt es auch keine mehr.
Mit fünfzehn/sechzehn war ich zwar nicht ganz schüchtern gewesen, aber ein Junge aus der Klasse! Nee, das hätte dann ja jeder mitgekriegt, der war tabu. Gekabbelt hatten Carlo und ich uns immer ein bisschen, das ging aber immer von ihm aus. Manuela meinte damals kichernd „was sich neckt, das liebt sich“. Ich war verknallt, aber ob er? Das war nicht rauszufinden, da wir uns nur in der Klasse sahen. Unser Dorf lag in einer anderen Richtung und in der Freizeit sahen wir uns somit nie zufällig. Und auf den Klassenfeten gingen wir uns eher aus dem Weg. Da tanzte ich den Blues lieber mit einem anderen Jungen, den ich nicht ganz so süß fand. Das war ungefährlich.
Ich war echt überrascht und musste natürlich gleich fragen, wieso er sich jetzt meldet. Er hatte vor ein paar Wochen wieder einmal geschäftlich mit Manuela zu tun gehabt und die habe ihm erzählt, dass ich nun in Berlin wohnen würde. Und da er ab und zu geschäftlich in Berlin zu tun hat, dachte er, er könne mich ja einmal treffen. Manuela hatte er aber anscheinend nicht nach meiner Telefonnummer gefragt. Er sagte er habe mal geschaut, ob ich auch auf Xing bin und war auch fündig geworden. Doch darüber hätte er mich nur anmailen können, aber über unsere Firmenwebpage war ja einfach eine Telefonnummer herauszufinden.
Wir erzählten uns dann mal eben kurz unser halbes Leben, soweit das in zwanzig Minuten machbar war, ich hatte ja auch noch etwas anderes im Büro zu tun. Carlo ist im Vertrieb tätig, hatte zwischendurch mal eine Weile in Hamburg gelebt, war dann aber – als die Kinder kamen – zurück in sein Heimatdorf gegangen. Er ist verheiratet und hat zwei Söhne, inzwischen 20 und 18 Jahre alt, der ältere zieht zum Herbst wegen des Studiums aus.
Wir verabredeten, dass wir wieder telefonieren. Ich bot an, dass ich ihm meine private Nummer gebe und dass wir abends telefonieren könnten. Die Nummer nahm er, das abends Telefonieren lehnte er ab, da habe er selten Zeit.
Als Carlo aufgelegt hatte, hätte ich am liebsten eine Kreischer ausgestoßen und wäre ein wenig durch die Gegend gehüpft. Wie crazy ist das denn? Wir waren ja noch nicht einmal gute Freunde zu Schulzeiten! Aber anscheinend bin ich ihm ja auch sehr positiv in Erinnerung geblieben, dass er jetzt den Aufhänger nimmt, in Berlin zu tun zu haben, um mich einfach mal zu treffen.
Carlos Foto auf Xing war ein typisches Business-Porträt, ich hätte ihn da nicht als meinen damaligen Schwarm erkannt. Ich bin gespannt, wie er in Natura aussieht und wie er mit fünfzig auf mich wirken wird.
lilliberlin am 22. Mai 12
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