Dienstag, 19. Februar 2013
Ich hatte es ihm angetan - seufz!
Letzte Woche Montag hatte ich Claus im Flieger von Düsseldorf nach Berlin noch meine Telefonnummer gegeben. Wir hatten uns gut unterhalten und seine Aufmerksamkeit tat mir gut. (Siehe auch Blog-Eintrag vom 14. Februar „Er ist sicher um die Sechzig – hm!“)

Kaum vom Flughafen zuhause hatte ich schon die erste whatsapp „Wow! Ich muss dir jetzt noch unbedingt schreiben. Dein Lächeln und deine sehr sympathische und charmante Art haben mich doch tatsächlich emotional berührt! Und ich möchte dich gerne so schnell wie es möglich ist, wiedersehen! Ich hoffe, ich bin nicht allein mit meinen Wünschen und meinen Empfindungen … Bin immer erreichbar für dich, wenn du das möchtest. Liebe Grüße. Claus.“

Ups, was war das den jetzt? Der ging aber ab. Er war mir sympathisch gewesen, klar, sonst hätte ich ihm nicht meine Nummer gegeben. Aber dass er jetzt gleich so los legt! Ich entschied mich, erst einmal nicht zu antworten.

Erst als ich auf dem Weg ins Fitnessstudio war, schrieb ich ihm ganz sachlich „Geh jetzt zum Zumba, meld mich später. Bussi. Lilli.“

Als ich aus dem Kurs kam, hatte ich schon die nächste Nachricht „Hast Lust mit mir gemütlich im Viertel (Charlottenburg) was Trinken zu gehen?“

Ich hatte für den Rest des Abends nichts vor, also warum denn nicht? „Ja gerne, hab etwa ab halb neun Zeit.“

Inzwischen hatte er mich auch auf facebook gefunden und ich bestätigte seine Freundschaftsanfrage, allerdings im „Bekannten“-Status. Es reichte, wenn er ein paar Fotos sehen würde. Ich war natürlich auch neugierig und flippte mal eben durch sein Profil. Er scheint auch Musik zu machen, ein Foto mit E-Gitarre und Band war dabei. Ansonsten nichts spektakuläres.

„Soll ich dich abholen?“ fragte er. Ich zog es allerdings vor, mit dem Rad zu fahren, obwohl das Wetter nicht so einladend war. Na, ggf. würde ich auch den Bus nehmen können. Wir verabredeten uns für 20:30 Uhr im CAFE BLEIBTREU.

Sein „Jetzt muss ich noch über ne Stunde warten, um das schöne Lächeln live zu sehen.“ fand ich schon wieder übertrieben, er hängte noch „Die Fotos auf facebook sind aber auch schön, die gefallen mir sehr. Ich freue mich dich nachher zu sehen.“ hintendran.

Puh, sollte ich die Verabredung vielleicht doch canceln? Aber egal, ein Glas Wein würde schon nett sein, so schrieb ich eben „bis gleich“.

Zuhause überlegte ich kurz, was ich anziehen sollte. Ich entschied mich für die skinny Jeans mit Kurz-Stiefeln und ein figurbetonendes dunkelgraues Oberteil mit U-Boot-Ausschnitt, was mit Push-up-BH schon sehr sexy aussah. Darüber musste natürlich der wetterfeste Wintermantel und ne Mütze war auch angesagt.

Claus wartete vor dem Eingang, als ich ankam. Zur Begrüßung gab es das übliche Bussi-Bussi. Wir fanden einen keinen Tisch für uns, den ich auswählte, da er eher unentschlossen war. So Kavalier war er nicht, dass er mir meinen Mantel abnahm. Auch bestellte er vor mir seinen Campari-O (seltsames Getränk im Winter), während ich noch überlegte, welchen Rotwein ich nehmen wollte.

Das Gespräch kam schnell in Gang, wobei ich mehr über ihn erfuhr, als er über mich. Wir saßen uns nicht direkt gegenüber, sondern über Eck. Manchmal hatte ich den Eindruck, es fiel Claus schwer, mich direkt anzuschauen. Was war das jetzt?

Ich fand Claus nach wie vor recht interessant, aber nicht mehr. Vielleicht könnte er ein neuer Kumpel werden, mit dem man ab und zu mal weggehen kann. So viele gemeinsame Interessen schienen wir ja sonst nicht zu haben.

Wir hatten fast ausgetrunken, da kam ein Freund von Claus vorbei. Er setzte sich zu uns, hatte witzigerweise schon gehört, woher Claus und ich uns kannten. War somit wohl eher ein guter Freund. Er fragte dann, ob wir mitkommen würden, ums Eck in die xxxx-Kneipe (ich konnte mir den Namen nicht merken), da seien noch weitere Freunde. Ich hatte nichts dagegen, besonders da Claus auch erwähnt hatte, dass ein Freund dabei sei, der über zehn Jahre in Südafrika gelebt hatte und erst seit kurzem wieder hier sei.

Claus bezahlte meinen Wein und auch später mein Wasser, so Kavalier war er dann doch. Ich blieb noch gut eine Stunde mit ihm und seinen Freunden in der anderen Kneipe. Es war echt nett, denn der Typ, der in Durban gelebt hatte, hatte viel zu erzählen und konnte mir einige Fragen beantworten. Claus beteiligte sich nicht so sehr am Gespräch, sah mich aber wieder häufiger an.

Dann verabschiedete ich mich von seinen Freunden. Claus brachte mich noch zu meinem Fahrrad, nicht ohne zu bemerken, dass es Wahnsinn sei, bei diesem üblen Winterwetter damit durch die Stadt zu radeln, er hätte mich doch abholen können. Na immerhin, Charlottenburg und Schöneberg sind ja nicht so weit auseinander. Ich bedankte mich noch für den netten Abend und gab ihm wieder die üblichen Bussis. Er versuchte dabei sein Gesicht etwas zu drehen, dass sie fast auf dem Mundwinkel landeten. Na ja! Das musste jetzt echt nicht sein.

Als ich zuhause ankam, hatte ich schon wieder eine whatsapp von Claus „Schlaf süß“. Eine Antwort von mir bekam er darauf nicht.

Die nächste whatsapp kam am Dienstag um 9 Uhr „Hi. Guten Morgen. Ich wünsche dir einen schönen Start in die Rest-Arbeitswoche! Hab beim Einschlafen gestern an dich gedacht.“

Na gut, ich konnte ja mal antworten und schrieb „Na, das waren ja auch viele neue Eindrücke.“
Er antwortete gleich „Ja, da hast du recht mit den Eindrücken, sind sehr schöne Eindrücke und ich denke gerne daran. Wenn du mal Zeit hast, für den Mann von gestern Abend, meld dich mal. Ich würde mich freuen, dich wieder zu sehen.“

Als ich abends aus dem FitBo-Kurs kam, hatte ich schon wieder eine whatsapp „Hätte dich jetzt gern an meiner Seite, wir sind im BLEIBTREU.“ Ähm, er war schon wieder unterwegs und dann noch diese Aussage!“ Wir hatten gestern noch nicht mal geflirtet. Das musste ich jetzt nicht verstehen, oder? Außerdem hatte ich ihm erzählt, dass ich einen Freund habe, dass es zwar gerade nicht gut läuft und ich mich möglicherweise trennen werde. Aber das war doch keine Aufforderung zum Tanz!

Ich antwortete „Honey, ich bin noch im Studio und gehe gleich noch ne Kleinigkeit Essen.“
Er darauf „Da könnte ich dazu kommen. Willst du mich sehen?“

Nee, Sehen wollte ich ihn nicht. Ich hatte Lucia getroffen, die ich länger nicht gesehen hatte und wir wollten uns mal wieder ausgiebig unterhalten, also antwortete ich – freundlich wie ich nun mal bin – „Ich hab ne Freundin getroffen, die ich lange nicht gesehen hab, da hab ich keine Zeit für dich. Macht wenig Sinn, dass du dazu kommst.“

Darauf er „Komme nur, wenn du mich sehen willst.“ Wie bitte? Ich hatte nichts in der Art geschrieben. Die Schreiberei war mir zu doof, also rief ich eben an. Ich sagte „Hallo“ und ließ ihn gar nicht ausreden, als er anfing, mir zu erzählen, wie sehr er sich über meinen Anruf freuen würde. Ich erklärte kurz und knapp, dass ich nun mit Lucia alleine Essen gehen würde. Und dass ich ihm außerdem gesagt hätte, ich sei noch in einer Beziehung und dass da erst einmal einiges zu klären sei und ich auch nicht wissen würde, wie das ausgehen würde. Ich wünschte ihm noch einen schönen Abend, sagte noch, er solle seine Kumpels grüßen und legte dann auf.

Lucia hatte natürlich gehört, was ich gesagt hatte und meinte „das war jetzt aber hart“. Ich grinste „bei dem geht das nicht anders“ und erzählte ihr dann, wie ich Claus kennengelernt hatte und wie es seitdem abgelaufen war.

Wir saßen noch beim Essen, da kam schon wieder eine whatsapp von Claus „Ich wollte dich in keiner Weise bedrängen und überhaupt nicht in deine jetzige Beziehung einmischen. Das liegt mir wirklich fern und war nicht meine Absicht. Ich hatte mit dir nur das Gefühl, eine Seelenverwandte zu treffen. Du hast so viele Gemeinsamkeiten mit mir, das ist schon fast unheimlich.“ Wie kommt er denn da drauf??? Seelenverwandtschaft und Gemeinsamkeiten konnte ich gar nicht feststellen.

„Deine Blicke und dein Lächeln haben mich einfach eingefangen und sehr beeindruckt.“ Hmpf, der Typ hat echt keine Ahnung, was ein Flirt ist. „Es wäre wirklich schade, wenn ich dich verlieren würde. Aber wie schon gesagt, möchte ich mich nicht aufdrängen, also sorry, wenn es bei dir so angekommen ist.“

Ich zeigte die Nachricht Lucia, sie meinte „na, den hat’s aber erwischt!“.

„Ja, scheint so,“ antwortete ich „aber ich hab noch nicht einmal mit ihm geflirtet. Ich fand einfach nur, dass er ein interessanter Mensch ist, sonst hätte ich mich nicht mit ihm getroffen. Der scheint echt nicht zu wissen, was ein Flirt ist oder der hält mich für total scheu und zurückhaltend.“

„Der ist wahrscheinlich richtig begeistert, mit seinen 60 Jahren so eine attraktive und jugendliche 50Jährige getroffen zu haben. Das kommt ja sicher nicht so oft vor.“ meinte Lucia noch.

Dienstagnacht, da war ich schon am Schlafen, kam eine neue whatsapp von Claus „Ich lass dir erstmal etwas Zeit, aber melde dich, wenn du magst.“

Mittwochvormittag dann die nächste whatsapp „Hi, wollte mich nur bedanken, dass du gestern angerufen hast, fand ich echt lieb.“ Hä??? „Wenn ich dir zu aufdringlich werde, sag es mir ruhig, ich werde versuchen, dich nicht zu drängen. Ist aber schwer nicht an eine so schöne Frau, wie du es bist, zu denken. Dicken Kuss für dich, bist eine tolle Frau.“ Oh Gott, schleim ...

Mittwochabend kurz vorm Schlafengehen die nächste whatsapp „Sorry Baby, aber ich kann dich nicht vergessen, träum süß auf einer Traum-Wolke.“ So langsam fing das an, mich zu nerven.

Donnerstag war Valentinstag, für Claus anscheinend ein Grund gleich morgens um 5 Uhr zu schreiben „Guten Morgen, Süße. Nur wenige Worte aus deinem Mund, dein schönes Lächeln als unsere Blicke sich trafen. Eine sanfte Berührung von deiner Hand, ließ mich zerfließen. Ich danke dir für diese Stunden. Wünsche dir einen schönen Valentinstag! Claus.“

Wenn er meine Adresse hätte, hätte er sicher Blumen geschickt. So kam nur Poesie. Ich konnte es nicht lassen und musste doch mal antworten, allerdings erst gegen 9 Uhr „Du kannst ja richtig poetisch sein.“ Das war mehr ironisch als sachlich gemeint, kam aber wohl nicht so an.

„Welcher Mann würde bei dir nicht poetisch werden. Du berührst einfach meine Seele und dann funktioniert es auch mit der Poesie.“

Nachdem ich darauf nicht geantwortet hatte, schrieb er eine Stunde später „Ich würde mich freuen, wenn du Zeit und Muße hast, mich zu sehen. Ich weiß, du musst das erstmal mit deinem Freund klären und ich bin dir nicht böse, wenn es etwas dauert.“ und etwa eine weitere Stunde später „Ich hoffe, es geht gut aus für mich … Das ist gemein, oder? Dafür werde ich bestimmt bestraft und auf den Mond geschossen.“

Dann war ein Tag Ruhe, Samstag schickte er dann ein Foto von einer Postkarte. Auf der Karte war ein Kuscheltier zu sehen, so ne Art Teddy, auf dem Rücken liegend, dazu der Text „Ich sterbe, wenn du nicht bald kommst. Guck ... tot!!!“

Am Sonntag kam die hoffentlich letzte Nachricht von Claus „Ich bin immer noch tot und fühle mich wie der Teddy. Ich werde verrückt, wenn ich nicht von dir höre ... Süße, ich vermisse dich total!“

Oh Mann! Der Typ nervt so richtig. Ich weiß nicht, soll ich einfach meinen Account für seine Nachrichten und ggf. Anrufe (aber er ruft ja nicht an, immerhin!) sperre oder ihm netterweise einfach mal schreibe. Männer wären in dem Fall cool und würden nichts tun. Aber ich bin eine Frau. Hm!